Bassersdorf muss die Schiessanlage nicht dulden

Bundesgerichtsentscheid Oktober 1983

Willkürliche Tatsachenfeststellung, falsche Vertragsauslegung und unrichtige Würdigung der Rechtslage haben sich nach Ansicht der Bassersdorfer Behörden der Bezirksrat Bülach und die seinen Entscheid schützende Kantonsregierung zuschulden kommen lassen. Damit haben sie - so heisst es in der staatsrechtlichen Beschwerde - von der Verfassung garantierte Rechte verletzt: Bassersdorfs Gemeindeautonomie und das Stimmrecht ihrer Bürger, die Gewaltentrennung, das Willkürverbot und den Grundsatz von Treu und Glauben. Das sollte ausreichen, um die Bestätigung der Existenz des Schiessplatz-Zweckverbandes Gubel durch die erwähnten kantonalen Instanzen vom Bundesgericht aufheben zu lassen.
Anfänglich waren sich die Gemeinden Bassersdorf, Dietlikon, Nürensdorf und Wallisellen über die Erstellung einer gemeinschaftlichen Schiessanlage im Bassersdorfer Gebiet Gubel/Hard einig. Mann gründete 1977/78 einen Zweckverband dessen Zustandekommen von der Zustimmung der Mehrheit der beteiligten Gemeinden zum Vertrag und zum Baukredit abhängen sollte. Dies geschah 1978 durch die Gutheissung eines ersten Projektes von 3,23 Millionen Franken in allen Gemeinden. Doch in der Folge stellte sich heraus, dass für die Verwirklichung des Vorhabens rund 8,5 Millionen Franken nötig waren, was zur Ausarbeitung eines neuen auf 6,6 Millionen Franken veranschlagten Projektes führte. Den dafür erforderlichen Bruttonachtragskredit bewilligten die drei Partnergemeinden, während Bassersdorf, das den Gesamtbeitrag der Gemeinde den Stimmbürgern vorlegte, nein sagte. Das bedeutete für den Gemeinderat Bassersdorf, dass der Baukredit nicht bewilligt und damit eine Voraussetzung für das Zustandekommen des Zweckverbandes dahingefallen war.
Diese Meinung teilten der Schiessplatzverband und die übrigen Gemeinden nicht und ihr Einspruch fand bei Bezirks- und Regierungsrat Gehör. Mit der Genehmigung des Baukredites für das erste Projekt (1978) – so führte die höchste kantonale Instanz aus – sei der Zweckverband zustande gekommen. Da das spätere Projekt sachlich und finanziell nur eine Abänderung des alten Vorhabens darstelle, handle es sich bei den Kreditbewilligungen von 1981 nicht um den Baukredit im Sinne des Verbandsvertrages, sondern um anderweitige Leistungen der Gemeinden an den Verband, welche den Bestand der Vereinbarung nicht berührten.
In dem eineinhalb Stunden dauernden juristischen Seilziehen der in Dreierbesetzung tagenden I. Öffentlichrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes setzten die beiden Beisitzer ihre Meinung gegen jene des Präsidenten durch. Nach profunden und gegensätzlichen Ausführungen hinsichtlich der Überprüfungskompetenz des Bundesgerichtes und der Tragweite der Gemeindeautonomie ging es um die entscheidende Frage, ob es sich bei dem 1981 vorgelegten Projekt um ein neues Vorhaben handelte. Das bejahte die Mehrheit, indem sie die erheblichen Unterschiede zu dem ursprünglichen, auch von Bassersdorf angenommenen Vorhaben herausstrich. Nach der Verlegung um 80 Meter wäre die Anlage nicht mehr in einer Kiesgrube gelegen und durch die Änderung der Schussrichtung hätten sich auch die Immissionsverhältnisse wesentlich geändert. Der Regierungsrat sei deshalb mit seinem Entscheid, es habe sich nur um eine Änderung des ursprünglichen Planes gehandelt, in Willkür verfallen. Betont wurde auch, dass der Vertrag der Gemeinde Bassersdorf einen ganz besonderen Vertrauensschutz verschaffte, den es unbedingt zu respektieren gelte, auch wenn man für das Bestreben der Regierung das Projekt unter allen Umständen zu retten, viel Verständnis aufbringen könne.
Aus dem ‚Tages-Anzeiger‘ vom 13.10.1983. Abschrift von Rathgeb Willi.

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